Die weiße Marter in Weichselstein
In Weichselstein auf dem Grundstück der Familie Feßmann steht eine aus weißem Kalkstein Dolomit gehauene Martersäule, deren Ursprünge kunstgeschichtlich um das Jahr 1480 datiert worden ist. Ihr Standort war ursprünglich an der alten Handelsstraße von Frankfurt über Nürnberg und Regensburg nach Wien, die von Neumarkt kommend hier den Albtrauf überwinden mußte. Deshalb wird die zwischenzeitlich geänderte Trassenführung dieser Straße, die heutige Bundesstraße 8 auch als Weißmarterstraße bezeichnet.
Bei Bauarbeiten an der Handelsstraße um das Jahr 1885 wurde die Marter stark beschädigt und würde wohl heute nicht mehr existieren, hätte sich nicht der Bauer Johann Feßmann der Säule angenommen indem er kostenfrei Transportaufgaben für den Straßenbau durchführte und dafür die Martersäule als Ausgleich erhielt. Als neuer Besitzer stellte er die Säule auf seinem Grundstück in Weichselstein auf und pflanzte daneben eine Linde. Auch eine kleine Kapelle wurde daneben noch errichtet als Erinnerung an jene, die dem Eisenbahnbau der Strecke Nürnberg-Regensburg zum Opfer fiel.
Im Laufe der folgenden Jahrzehnte war die Säule vom Zerfall bedroht. Auf Initiative des Heimatpflegers Rudi Bayerl wurde die Säule mit Unterstützung der Gemeinde Sengenthal und zahlreicher Sponsoren deshalb im Jahr 2008 vollständig aber behutsam saniert.
Die ca. 3,20 m hohe Marter besteht aus einem achtseitigen Pfeiler und einem aufgesetzten vierseitigen Figurentabernakel mit geschweiften Bedachungen. Der Bildstock zeigt einerseits die Kreuzigung Christi und anderseits Veronika mit Schweißtuch flankiert von Maria und Johannes. Auf den beiden anderen sich gegenüberliegenden Seiten befindet sich jeweils ein Wappen. Das Wappen mit den drei Rosen kann eindeutig dem Geschlecht der Löwenthal zugeordnet werden, das in dieser Gegend ansässig wurde, nachdem Johann Franz Heinrich von Löwenthal auf Perk 1692 die nahe Hofmark von Deining und Leutenbach erworben hatte. Wie es möglich ist, dass 200 Jahre nach der Datierung der Marter dieses Wappen auf dem Bildstock erscheint ist bisher noch nicht geklärt. Das gegenüberliegende Wappen stellt eine sogenannte Wolfsangel dar. Auch hier besteht insofern Unklarheit, inwiefern die Freiherren von Gagern (Landkreis Erlangen-Höchstadt), die die Wolfsangel im Wappen führen, einen Bezug zur Weißmartersäule haben. So bleibt die Frage nach dem tatsächlichen Alter der Säule weiterhin ungeklärt.
Ausführliche Informationen in:
„Die ‚Weiße Marter‘ gab einem Berg den Namen“
von Rudi Bayerl aus der Reihe „Schönere Heimat – Erbe und Auftrag“, herausgegeben vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e. V., 2009/Heft 2